Bodyguards am Beckenrand: Wie Sportbäder Sprungbretter für die Karriere werden können

von Simone Liss | 21.04.2022

Sein Berufswunsch vereint, was Spaß macht: Wasser, Sport und gut gelaunte Menschen. Timmy Fichtner macht seine Ausbildung bei den Leipziger Sportbädern. Warum er das tut und was dabei wichtig ist, erzählen der 17-Jährige und die Leitende Schwimmmeisterin Doreen Knaak im Interview.

Timmy Fichtner hockt am Beckenrand und lächelt in die Kamera.
Timmy Fichtner lächelt in die Kamera.

Timmy Fichtner im Sportbad an der Elster.

Das Interview

Frage: Was hat Dich an diesem Beruf gereizt?

Timmy Fichtner: Ich bin das, was man gemeinhin als Wasserratte bezeichnet. Ich habe mit fünf Jahren angefangen, Schwimmen zu lernen. Seitdem bin ich – gefühlt –, ständig im Wasser. Jede freie Minute.

Frage: Du bist Leistungsschwimmer?

Timmy Fichtner: Ja, ich schwimme seit frühster Kindheit beim Schwimmsport- und Tauchsportverein Limbach-Oberfrohna. Da bin ich Zuhause.

Frage: Deine Lieblingsdisziplin?

Timmy Fichtner: Kraulen. Das macht Tempo und zahlt auf Kraft und Ausdauer ein.

Frage: Zurück zu Deiner Ausbildung: Du willst quasi Dein Hobby zum Beruf machen. Ist es nicht langweilig, den ganzen Tag am Beckenrand zu stehen?

Timmy Fichtner: Nein (lacht)! Das mache ich ja auch gar nicht. Dieser Beruf ist vielfältig wie kaum ein anderer. Ich bin Animateur, Ersthelfer, Seelsorger, Landschaftspfleger, Techniker, Reinigungskraft, Rettungsschwimmer, Wellnessberater, Kundenberater, Kaufmann und Chemiker. Fast ein Allround-Manager. Vom Babyschwimmen über das Seepferdchen, vom Sauna-Aufguss bis zur Wassergymnastik-Animation, dem Auswerten von Wasserproben sowie der In- und Außerbetriebnahme der Freibäder – als Fachangestellter für Bäderbetriebe muss ich verschiedenste Dinge beherrschen.

Frage: Landschaftspfleger, Techniker, Reinigungskraft?

Timmy Fichtner: Ja. Vor Beginn der Freibadsaison müssen die Becken gereinigt werden. Nach der Freibadsaison müssen die Becken gecheckt, die Pumpen abgebaut und muss die Anlage winterfest gemacht werden.

Frage: Woher wusstest Du, worauf Du Dich einlässt?

Timmy Fichtner: Ich habe vor der Ausbildung ein Praktikum bei den Leipziger Sportbädern gemacht. Das hat mir geholfen, mich zu fragen, ob der Beruf wirklich was für mich ist und mein Wunsch auf Dauer trägt.

Frage: Was hat Dich am meisten geflasht?

Ein Mann prüft Ventile.

Die Überprüfung der Wasseraufbereitungsanlagen ist eine wichtige Aufgabe.

Timmy Fichtner: Die chemischen Prozesse im Hintergrund. Das Bedienen der technischen Wasseraufbereitungsanlagen, die Pumpen- und Filter-Mechanismen, die Überwachung des Chlor- und pH-Wertes – die Komplexität der Wasseraufbereitung, das hat mich mächtig beeindruckt. Chemie und Mathe waren in der Schule meine Lieblingsfächer. In der Praxis zu sehen, dass dieses Wissen nicht unnütz war, ist gut. Flächenberechnung ist zum Beispiel wichtig in der theoretischen Ausbildung.

Frage: Ehrlich: Chemie und Mathe? Der Ruf des Sportlers in Dir war nicht größer?

Timmy Fichtner: Doch, auch. Die Möglichkeit, regelmäßig zu Schwimmen – auch im Dienst, sofern keine Gäste da sind – war natürlich auch ein Aspekt, der meine Entscheidung beeinflusst hat. In diesem Job muss man immer fit und körperlich wie geistig rege sein – das macht schon was aus. Zudem habe ich regelmäßig die Pflicht, mich im Rettungsschwimmen und in der Ersten Hilfe zu üben. Diese Routine kann mir auch im alltäglichen Leben helfen und gibt mir Sicherheit.

Eine Person übt Erste-Hilfe-Handgriffe an einer Puppe.

Erste-Hilfe-Übungen gehören zum beruflichen Alltag.

Frage: Stichwort Sicherheit: Ist es nicht belastend, die Verantwortung für Menschen jeden Alters zu haben?

Timmy Fichtner: Man muss schon sehr gewissenhaft und pflichtbewusst sein. Vor allem aber: aufmerksam und konzentriert. Das strengt bisweilen an, die Aufmerksamkeitsspanne beim öffentlichen Baden so lange hochzuhalten. Aber auch das lernt man. Auch den Umgang mit Menschen, ihren Launen, Sorgen und Nöten. Bisweilen muss man deeskalierend eingreifen, oder jemanden darauf aufmerksam machen, dass er entkräftet ist und besser eine Pause macht. Da muss man sehr sensibel sein. Man will ja niemanden vorführen. Die Kunst ist: Wir sollen Gefahren erkennen, bevor sie entstehen. Kinder sind da eine besondere Herausforderung. Sie rennen und tollen herum. An der Rutsche, am Beckenrand, am Starterblock – überall muss man darauf vorbereitet sind, dass sie eine unüberlegte Bewegung machen und im Wasser landen.

Frage: In diesem Job muss man Menschen, ihre Befindlichkeiten und Lautstärke mögen?

Timmy Fichtner: Unbedingt, ja (lacht). Wir geben ja auch Schwimmunterricht. Da muss man viel Geduld und Einfühlungsvermögen haben. Es gibt meistens einen Grund, warum ein 60-Jähriger nicht schwimmen kann. Manche Menschen sind traumatisiert, haben schlechte Erfahrungen mit Wasser gemacht. Egal, ob sie jung oder alt sind. Dies zu erkennen und sensibel damit umzugehen, ist wichtig.

Frage: Wie hältst Du Dich in Deiner Freizeit fit?

Timmy Fichtner: Mit Fahrradfahren – bei jedem Wetter. Denn auch Hitze sollte zukünftigen Schwimmmeistern nichts ausmachen. Im Sommer, im Freibad, wird es bisweilen ganz schön heiß am Beckenrand. Darauf sollte man vorbereitet sein.

Frage: Stichwort Vorbereitung: Du musstest vor Beginn der Ausbildung einen Aufnahmetest machen – darunter einen Schwimmtest. Auch bei Deiner Abschlussprüfung musst Du ins Wasser – ist das eine Hürde?

Timmy Fichtner: Für routinierte Schwimmer ist das kein Problem. Man hat ja jederzeit die Gelegenheit, zu trainieren. Aber vor der Abschlussprüfung habe ich schon Respekt. Man muss beispielsweise in voller Montur – mit langen Sachen – 300 Meter in acht Minuten schwimmen.

Frage: Welche Entwicklungschancen hast Du nach Deiner Ausbildung?

Timmy Fichtner: Ich kann geprüfter Meister für Bäderbetriebe werden, Bäderbetriebsmanagement studieren, Sport- und Fitnesskaufmann oder Team-/Badleiter werden und Verantwortung für Personal und Azubis bekommen.

Frage: Lohnt es sich, noch jetzt für das Ausbildungsjahr 2022/23 zu bewerben?

Doreen Knaak steht an einer Treppe und lächelt in die Kamera

Die Leitende Schwimmmeisterin Doreen Knaak (l.).

Doreen Knaak: Ja, auf jeden Fall. Wir starten jedes Jahr im September mit der Ausbildung und halten das Bewerberfenster bis Mai/Juni offen. Grundsätzlich kann man sich aber das ganze Jahr über bewerben.

Frage: Was sollte Bewerbern klar sein?

Doreen Knaak: Dass sie im Schichtsystem arbeiten – auch am Wochenende oder an Feiertagen.  Dafür haben sie einen sehr vielfältigen Job, viele Einsatzmöglichkeiten – gerade bauen die Leipziger Sportbäder ein neues Sportschwimmbad am Otto-Runki-Platz – und tolle Aufstiegsmöglichkeiten. Sicherheit ist auch für viele Bewerber ein wichtiger Aspekt. Die Leipziger Sportbäder gehören zu einem kommunalen Unternehmensverbund – der Leipziger Gruppe. Daseinsvorsorge wird hier großgeschrieben. Dazu zählt auch die Aufrechterhaltung des Bäderbetriebs und Schwimmunterrichts. Man steigt also in seine Branche mit Perspektive ein.

Das könnte auch interessant sein

nach oben