Feuchttücher im Kanal - der weiße Problemstoff

von Katja Gläß | 26.08.2019

„Pee, poo and paper“ – die englische Sprache hat es hier leicht. Die Alliteration zeigt auf einfache Weise, was in die Toilette gehört.

Ein großer Müllberg.
Ein großer Müllberg.

Blick aufs Rechengut – viele Dinge landen im Klo, die da nicht hingehören.

Alles andere gehört schlichtweg nicht hinein. Sprachwitz hin oder her. Noch immer landen zu viele Dinge im hiesigen Klo, die zwar leicht wegrauschen, aber dort wirklich nichts zu suchen haben. Große Probleme bereiten Feuchttücher in der Leipziger Kanalisation, weil sie sich auf dem Weg zum Klärwerk nicht zersetzen wie herkömmliches Toilettenpapier.

Feuchttücher im Kanal

Reißfeste Feucht- und Reinigungstücher aus synthetischem Vlies sind heutzutage allgegenwärtig: Ob Abschminktücher, desinfizierende Hygienetücher, Haushaltstücher, Babytücher oder Allzwecktücher zur schnellen und feuchten Reinigung – die Liste der modernen Hygiene-Wunderwaffen ist lang, die Einsatzbereiche vielseitig. Nach dem Einmalgebrauch landen die Vliestücher dann oftmals in der Toilette. Davon abgesehen, dass die weißen Helferlein meist voller chemischer Zusätze stecken und die Haut eher strapazieren als pflegen, führt auch die Entsorgung im Klo zu Problemen – von den Abflussrohren in Wohn- und Geschäftshäusern über die Kanäle unter Leipzigs Straßen bis zu den Anlagen der Leipziger Wasserwerke. „Trockenes Klopapier ist seit gut 600 Jahren in Gebrauch – feuchtes erst seit vierzig Jahren“, erklärt Sven Lietzmann, Teamleiter Anlagen- und Kanalnetzmanagement bei den Leipziger Wasserwerken. „Ihr hoher Kunstfaseranteil wird für uns zur Krux im Kanal und verursacht enorme Kosten.“

Aufwendige Reparaturen

Eine Pumpe im Kanal, die durch Feuchttücher verstopft ist.

Feuchttücher haben im Kanal eine Pumpe verstopft.

In den letzten Jahren hat sich das Feuchttücherproblem deutlich erhöht, weiß Lietzmann, der seit mehr als 20 Jahren für die Wasserwerke in den Kanälen unter Leipzigs Straßen im Einsatz ist. Die meisten Tücher aus Kunststofffasern lassen sich zwar in der Toilette wegspülen, verklumpen aufgrund ihrer Beständigkeit und verbinden sich mit anderen Stoffen. „Es bildet sich ein filziger Zopf, der im schlimmsten Fall die Abwasserpumpen verstopft und eine Störung auslöst“, erklärt der Teamleiter.

Da Feuchttücher vor allem abends verwendet werden, treten die Störungen in der Regel nachts auf und bedeuten für die Abwasserfachleute um – fangreiche Reparaturen sowie kostspielige Wartungsarbeiten. „Diese Reinigung ist mühselig, zeitintensiv und teuer, da die Pumpen herausgenommen, auseinander – gebaut und per Hand vom Feuchttuchgeflecht befreit werden müssen.“

Eine Pumpe wird von einem großen Knäuel aus Feuchttüchern befreit.

Ein Zopf aus Feuchttüchern muss aufwendig aus einer Pumpe geholt werden.

Der damit verbundene zusätzliche Arbeitsaufwand betrifft am Ende auch die Leipziger Bevölkerung. Durchschnittlich 50 Havarien an Abwasserpumpen zählen Lietzmann und seine Kollegen jeden Monat. Pro Reparatur laufen im Normalfall Kosten in Höhe von etwa 500 Euro auf – das macht im Jahr einen ordentlichen sechsstelligen Betrag aus.

Ab in den Restmüll

Die anfallenden Reparaturkosten finden sich in den Abwasserpreisen aller wieder. „Das sollte für jeden Motivation sein, Feuchttücher richtig zu entsorgen – ein kleiner Abfalleimer fürs Bad ist doch schnell besorgt“, sagt Lietzmann. In Deutschland fehlen auf den Produkten bis dato übrigens eine einheitliche Kennzeichnung sowie bei einigen Herstellern hilfreiche Hinweise zur richtigen Entsorgung. Dabei gibt es bei der Entsorgung nur einen Platz: die Restmülltonne.

Auf einem Tisch stehen mehrere Waagen und Behältnisse.

Nur das Toilettenpapier aus Papier ganz links löst sich im Wasser auf. Nach fünf Minuten ist in den anderen Töpfen nichts passiert.

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