Leipzig passt auf: Neue Kampagne zur Verkehrssicherheit

von Simone Liss | 11.01.2022

Leipzig wächst. Damit wird es auch auf Straßen und an Haltestellen enger. Eine Herausforderung für die Verkehrssicherheit. Gut beraten ist, wer sich an ein paar grundsätzliche Regeln hält.

Eine Bahn steht an einer Haltestelle.
Zwei Busse stehen nebeneinander. Man sieht sie von hinten.

Nur Geduld im Tumult! Slogans wie diese bestimmen die neue Verkehrssicherheitskampagne der Stadt, LVB und Polizei.

Leipzig passt auf“ – so heißt die neue Verkehrssicherheitskampagne von Stadt, Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) und Polizei. Sie zielt nicht nur auf die anhaltend hohe Zahl von Verletzten in Leipzig ab – rund 2000 im vergangenen Jahr, davon 269 Schwerverletzte –, sondern auch auf die zunehmende Aggressivität von Verkehrsteilnehmern. „Das Klima ist rauer geworden, Rücksichtlosigkeit und Ellenbogenmentalität machen sich breit. Es wird mehr und mehr das Recht des Stärkeren eingefordert“, sagt Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. „Wir wollen mit der Kampagne gegensteuern und an die gegenseitige Rücksichtnahme appellieren.“ 270.000 Autos sind auf den Straßen der Stadt unterwegs. „Wir kommen jeden Tag auf 338.508 Pendlerbewegungen – ohne Touristen und Lieferverkehr. Das Verkehrsaufkommen ist hoch. Umso wichtiger sind Vorsicht und Respekt“, so Jung.

Pakt für Verkehrssicherheit

Mit seinem Ansinnen ist Leipzig in guter Gesellschaft. Ob zu Fuß, per Fahrrad, Motorrad oder mit dem Auto – eine mobile Gesellschaft braucht einen sicheren Straßenverkehr. Daran arbeiten Bund, Länder, Kommunen und Verkehrsunternehmen gemeinsam. Mit Erfolg. Im Jahr 2020 verzeichnete Deutschland den niedrigsten Stand an Verkehrstoten seit mehr als 40 Jahren. 1970 kamen in Deutschland noch über 21.300 Menschen im Straßenverkehr ums Leben. 2020 waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamts noch 2.719 Personen. Das waren 10,7 Prozent weniger als 2019. Ein Faktor für den Rückgang war auch eine geänderte Verkehrsteilnahme der Menschen infolge der Corona-Pandemie.

Trotzdem will die Bundesregierung der Verkehrssicherheitsarbeit neuen Schwung geben, um der „Vision Zero“ – null Tote im Straßenverkehr – einen weiteren Schritt näher zu kommen. Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten um 40 Prozent sinken, zugleich soll die Zahl der Verletzten sinken. Im Mai 2021 haben Bund, Länder und Gemeinden daher den „Pakt für Verkehrssicherheit“ ins Leben gerufen. Dieser beinhaltet unter anderem folgende Eckpunkte:

  • Potenziale des automatisierten, autonomen und vernetzten Fahrens zur Verbesserung der Verkehrssicherheit aktiv nutzen: Mehr als 90 Prozent der Unfälle geschehen, weil Menschen Fehler machen. Indem Fahrzeuge untereinander oder mit der Infrastruktur kommunizieren, werden gefährliche Situationen frühzeitig erkannt und Unfälle vermieden.
  • Fahrerassistenzsysteme: Hier wird der Bund die weitere Marktdurchdringung verschiedener Fahrerassistenzsysteme in den Fahrzeugflotten von Pkw, Motorrad, Lkw und Bussen unterstützen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.
  • Verbesserung der Straßeninfrastruktur: Ein wichtiger Aspekt ist der Wissenstransfer über wirksame Maßnahmen vor Ort. Hier will der Bund innovative Werkzeuge bereitstellen. Dies umfasst beispielsweise die Entwicklung eines elektronischen „Verkehrsschautools“ für die Bestandsüberprüfung der Verkehrszeichen.
  • Verkehrssicherheit im Rahmen der Radverkehrsoffensive: Der Entflechtung der Verkehre kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Der Bund will daher unter anderem den Bau von sicheren Radwegen weiter vorantreiben.

Radfahrer und Fußgänger sind besonders gefährdet

Zwei radfahrende Personen fahren an einer Bahn vorbei.

Vor allem Radfahrer fühlen sich in Leipzig oftmals unsicher.

Nach Angaben der Polizeidirektion Leipzig wurden im vergangenen Jahr rund 12.000 Verkehrsunfälle im Stadtgebiet registriert. Insgesamt 14 Menschen verloren im vergangenen Jahr auf Leipzigs Straßen ihr Leben – so viele wie schon in den beiden Jahren zuvor. Die Zahl der Schwerverletzten sank von 274 (2020) auf 269. Als häufigste Unfallursachen hat die Polizei das Missachten der Vorfahrt, Fehler beim Abbiegen und ungenügenden Sicherheitsabstand ausgemacht.

Ob Selbst- oder Fremdverschulden: Zwei von drei Radfahrern fühlen sich in Leipzig nicht sicher. Das geht aus dem aktuellen Fahrrad-Klimatest des Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Leipzig 2021 hervor und zeigt vor allem eins: Um die Verkehrssicherheit in Leipzig für alle zu erhöhen, muss noch einiges passieren. Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit stehen insbesondere zwei Maßnahmen auf dem Programm der Leipziger Politik, für die der Stadtrat bereits den Weg freigemacht hat: Die Einführung einer Tempo-30-Zone und ein Verbot für Lkw ohne Abbiegeassistenten.

Sicher mit Bus und Bahn unterwegs

Auch den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) haben die Unfallstatistiker im Blick. Jedes Jahr nutzen bis zu 160 Millionen Fahrgäste das Angebot der LVB. Wo so viele Menschen aufeinandertreffen, sind Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme gefragt. Jeder Fahrgast bestimmt die Sicherheit in Bussen und Bahnen mit und ist Teil einer Gemeinschaft, die nur ein Ziel vor Augen hat: sicher anzukommen. Doch die Erfahrung zeigt, dass es an Verkehrsknotenpunkten und zentralen Halte- und Umsteigepunkten immer wieder zu Unfällen kommt.

Der Türöffner einer Bahn von außen gedrückt.

Eines der sichersten Verkehrsmittel ist die Straßenbahn.

Fakt ist: Eines der sichersten Verkehrsmittel ist die Straßenbahn. Mehr als zehn Millionen Kilometer haben die Schienenfahrzeuge der Leipziger Verkehrsbetriebe im vergangenen Jahr auf allen Trassen zurückgelegt. Dabei sank die Zahl der schweren Verkehrsunfälle: minus 11 im Vergleich zu 2020. Die Georg-Schumann/ Auenseestraße war im Jahr 2021 ein Unfallschwerpunkt. Solche sogenannten Unfallhäufungsstellen werden von der LVB der Unfallkommission der Stadt Leipzig gemeldet. Zusätzlich wird das Fahrpersonal sensibilisiert.

Zudem machen die LVB Fahrgästen jeden Alters das Angebot, sich von professionellen Trainern über das richtige Verhalten in Fahrzeugen und an Haltestellen schulen zu lassen. Ob Kleinkind, Schuldkind, Senior oder mobilitätseingeschränkte Fahrgäste – die Inhalte und die Methodik der Trainer sind auf die verschiedensten Altersgruppen und Bedürfnisse abgestimmt.

Ein wichtiges Thema der neuen Verkehrssicherheitskampagne ist für die LVB vor allem das sichere Ein- und Aussteigen an den Haltestellen. „Wir schulen unsere Fahrerinnen und Fahrer schon lange darauf, defensiv zu fahren. Oberste Priorität hat die Vermeidung von Unfällen“, sagte Ulf Middelberg, Geschäftsführer der Leipziger Verkehrsbetriebe. Jedoch müssten alle Leipzigerinnen und Leipziger bei dem Thema mithelfen. „Zum Beispiel kann es nicht sein, dass noch immer Leute mit Kopfhörern im Ohr und Blick aufs Handy über die Straße oder die Gleise gehen.“ 

7 Tipps, wie man entspannt mit Bus und Bahn durch Leipzig kommt

  • Vorsicht an der Bahnsteigkante: Am sichersten steht man hinter dem Blindenleitstreifen an der Haltstelle.
  • Keine Hektik, keine Rennerei: Kein Termin ist wichtiger als die Gesundheit und das Leben.
  • Abfahrtssignal ist Abfahrtssignal: Jetzt zu noch zu- oder aussteigen zu wollen, birgt ein unkalkulierbares Risiko.
  • Hilfsbedürftigkeit signalisieren: Wer etwas länger beim Ein- und Aussteigen braucht, weil man im Rollstuhl sitzt, einen Kinderwagen oder Rollator dabeihat – kein Problem! Man drückt einfach die „Rollstuhl-Haltewunsch-Taste“. Das Fahrpersonal bekommt dann in der Kabine ein Zeichen und behält das Geschehen im Rückspiegel im Auge. Die Tür schließt nicht automatisch, sondern erst, wenn jeder Fahrgast wirklich sicher im Fahrzeug oder an der Haltestelle steht.
  • Erst aufstehen, wenn der Bus oder die Bahn zum Stehen gekommen sind.
  • Nicht hinter Bus oder Bahn die Straße überqueren.
  • Rücksicht und Verständnis: Jeder, der es braucht, freut sich, wenn er einen Platz angeboten oder Hilfe beim Aussteigen bekommt oder die Rollstuhlecke frei ist.

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