Leipziger Zukunftspreis 2022 für Joblinge-Projekt TechTeens

01.12.2022

Codes bestimmen unser Leben. Unsere DNA, Sprache, Tierlaute, Kommunikation zwischen Bäumen – das alles sind Codes. Auch unsere Beziehungen, unser Alltag werden von Codes bestimmt: Es gibt Strichcodes, Dresscodes, Morsecodes, Geheimcodes, Programmiercodes. Planen, verschlüsseln, codieren: Das ist die Welt von Karl Hillscher.

Vier TechTeens stehen der Kamera zugewandt und lächeln. Sie alle tragen graue TechTeens-Shirts.

Erschlossen hat ihm diese Welt seine Mentorin, Romy Goecke – Pionierin einer neuen Bildungswelt. Sie ist Global Business Development Managerin bei SoftwareONE und Mentorin bei „TechTeens – IT Starts with You“, eine Digitalisierungsinitiative der gemeinnützigen Leipziger Aktiengesellschaft Joblinge, die unter anderem von den Leipziger Stadtwerken unterstützt wird. Aktiengesellschaft – das klingt nach Konzern, Börse, Stakeholder Value. Dabei kann eine AG auch klein, praktisch und sogar gemeinnützig sein. So wie das Engagement von Romy Goecke.

Blick auf ein Tablet auf dem eine Team-Sitzung läuft.

Bei den TechTeens funktioniert digitales Unterrichten.

Drei Jahre lang, von der achten bis zur zehnten Klasse, hat die IT-Expertin Karl und seine Mitschüler mit weiteren Mentoren im Rahmen des ganzjährigen TechTeens-Projekts an der Oberschule Georg-Schwarz-Straße wöchentlich gecoacht. Im Fokus des Coachings stehen Programmierung, agiles Projektmanagement, Webdesign, Grafik, Social Media, Marketing und SEO-Optimierung. Für Karl zeigt sich mit TechTeens, wie die Schule der Zukunft aussehen kann: „Für mich ist das Besondere am Projekt, dass sich Fachkräfte, Freelancer und Ehrenamtliche aus den verschiedensten Berufsfeldern im Projekt engagieren und sich wöchentlich Zeit für uns nehmen. Es ist schon ein Unterschied, ob da der schuleigene Infolehrer sitzt, der zwar echt guten Unterricht macht, oder aber Leute, von denen du weißt, die machen das tagtäglich, das ist deren Job, die wissen genau was sie tun und wie sie dir helfen können. Ich fühlte mich von Anfang an sehr unterstützt.“

„TechTeens lebt vom Herzblut seiner Mentorinnen und Mentoren“

Patricia Fedorov im Portrait

Patricia Fedorov

„TechTeens lebt vom Herzblut seiner ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren – mehr als 100 haben sich in den vergangenen Jahren mit ihrem Engagement für die Chancengleichheit und den Zugang zu digitaler Bildung für Leipziger Jugendliche aus chancenschwächeren Elternhäusern eingesetzt“, sagt Patricia Fedorov, Ansprechpartnerin für Unternehmenskooperationen und ab Januar 2023 TechTeens-Projektleiterin. Die Mentorinnen und Mentoren sind Fachleute aus der IT- und Elektronikbranche wie Olaf Winne, General Manager von Lamtec aus Taucha, der sich an der Christian-Gottlob-Frege Schule im TechTeens-Robotik-Projekt engagiert. Gemeinsam mit HR-Experten, Freelancern und Studierenden arbeiten die Mentoren in gemixten Mentoring-Teams an den Schulen zusammen, sind live vor Ort oder aber über die digitale Tafel im Klassenzimmer zugeschalten. Sie kommen von Sage, Mitnetz Strom, Check24, Projecter, Gisa, DHL, Lecos, Mercateo Unite oder eben SoftwareONE als Ideengeber der ersten Stunde des TechTeens-Projektes.

„Die Mentorinnen und Mentoren sind von ihren Lebenswegen, ihrer sozialen Herkunft, Nationalität und Altersstruktur vollkommen verschieden. Der überwiegende Teil ist voll erwerbstätig“, sagt die 41-jährige Geisteswissenschaftlerin, deren Berufsweg auch nicht geradlinig gewesen ist. „Ursprünglich mit dem Berufsziel Journalistin ins Studium gestartet, habe ich mich danach schnell neu orientiert und war viele Jahre als Produktmanager und Business Developer in verschiedenen Wirtschaftsunternehmen tätig. Strategische Konzepte mit nachhaltigem Engagement für junge Menschen verbinden zu können, das hat mich schließlich zu den Joblingen und damit auch zu den TechTeens geführt. Manchmal muss man Umwege gehen, um zum Ziel zu kommen. Wichtig ist, dass man auf jedem Stück des Weges etwas lernt. Das versuchen wir unseren Teens zu vermitteln. Jugendliche müssen erfahren, welche Stärken sie haben, was sie begeistert und wofür sie brennen“, sagt Patricia Fedorov.

Vielen Jugendlichen falle es heute sehr schwer, sich für eine Ausbildung zu entscheiden – auch aus Angst, Fehler zu machen oder festzustellen, dass die Lehre nicht das Richtige ist. „Hier setzen unsere Mentorinnen und Mentoren an. Sie versuchen, durch ihre eigene Lebenserfahrung Jugendliche zu motivieren und zu inspirieren. Gemeinsam wachsen, voneinander lernen und sehen, welche Perspektiven sich bieten – das vereint unsere Mentorinnen und Mentoren und unsere Teens“, sagt Patricia Fedorov. Hinter dem gemeinsamen Engagement steht eine zentrale Vision: Digitale Teilhabe für Jugendliche – unabhängig von sozialer Herkunft und technischem Know-how – für mehr Chancengleichheit im Berufswahl-Prozess durch anwendbare Future Skills.

Digitale Medien- und Recherchekompetenz stärken

Blick auf eine Klasse in einem Schulraum

Das TechTeens-Programm ist in an fünf Schulen in Leipzig etabliert.

Wie bringt man einen 3-D-Drucker zum Laufen? Wie eine Wetterstation? Wie eine digitale Schulplattform? Wie einen Escape-Room? Wie eine Nachhaltigkeits-App? Welche Funktionen sollen diese Dinge haben? Beim Programmieren geht es darum, Programme zu erstellen, die der Computer versteht und ausführen kann. WhatsApp, Google-Suche, Firefox, Email, Youtube, Candycrush – Spiele, Apps, Webseiten, Roboter-Steuerungen, E-Books, Autopiloten: alles Software, die durch Programmieren erstellt werden. Ein Programm wird mithilfe einer Programmiersprache geschrieben. Java, PHP, Python, C, C#, Javascript oder Kotlin – es gibt mittlerweile zig Programmiersprachen. Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung beherrschen Programmiersprachen wie andere Fremdsprachen. Durch die Digitalisierungsinitiative „TechTeens – IT Starts with You“ hat Karl seinen Ausbildungsplatz gefunden: Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung.

„Nicht alle jungen Menschen müssen zu Programmierern werden, aber wir alle müssen den Umgang mit digitalen Kompetenzen lernen – von digitaler Souveränität bis Medien- und Recherchekompetenz. Eine Welt, die sich exponentiell verändert, braucht neues Denken und Handeln. Nur wenn wir unsere menschlichen Kompetenzen reaktivieren und nutzen, können wir die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft meistern.“ Davon sind Patricia Fedorov und ihre Teamkollegen, Sebastian Goldhorn, Matthias Baumgarten und Niklas Gründer, überzeugt. Der Erfolg spricht für sie: Das TechTeens-Programm ist mittlerweile an fünf Oberschulen in den Leipziger Stadtteilen Lößnig, Leutzsch, Schönefeld, Böhlitz-Ehrenberg und Thekla etabliert und wird von der Stadt Leipzig gefördert.

Leipziger Zukunftspreis 2022 für TechTeens

2023 feiern die TechTeens ihr Fünfjähriges. „Wir entwickeln uns und unser Programm natürlich weiter. Kommendes Jahr ist Amazon mit an Bord. Zudem planen wir im April 2023 eine digitale Berufsorientierungsmesse. Außerdem starten wir mit unserer TechTeens-Academy sowie unserem Podcast-Projekt ,Mein Weg‘ zur Berufsorientierung“, sagt Patricia Fedorov.

Für seinen innovativen Bildungsansatz ist das TechTeens-Team in diesem Jahr in der Kategorie „Engagiert in Leipzig“ mit dem Leipziger Zukunftspreis 2022 ausgezeichnet worden. Für die Jury – bestehend aus den Stiftern: Stadt Leipzig, Forum Nachhaltiges Leipzig, Leipziger Gruppe, VNG Stiftung, Sparkasse Leipzig, WEV Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft – war der Pioniergeist und die Vision der Initiative, Chancengleichheit zu fördern, ausschlaggebend. Weitere Preisträger des Leipziger Zukunftspreises 2022 sind die Reparaturinitiative Café kaputt sowie der Stromspar-Check der Caritas.

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