Sensoren statt Strichliste
Die Leipziger Verkehrsbetriebe führen in ihren Fahrzeugen permanent Fahrgastzählungen durch. Gezählt wird automatisch, ohne dass die Kunden davon etwas merken.
Herrlich altmodische Vorstellung: Heerscharen von Mitarbeitern ziehen bei Wind und Wetter mit Notizblock und Bleistift ausgerüstet los, führen in Bussen und Bahnen Strichlisten über ein- und aussteigende Personen. Fahrgastzählung funktioniert so natürlich
nicht (mehr). Seit 1997 ermitteln die Leipziger Verkehrsbetriebe die Fahrgastzahlen mit Hilfe eines automatischen Zählsystems. Inzwischen sind etwa zehn Prozent der Fahrzeuge unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie Typ und Linienbindung mit dieser Sensor-Technik ausgestattet.
26 Busse und 26 Straßenbahntriebwagen mit Ortungssystem führten vergangenes Jahr auf 60 Linien insgesamt 240.000 Messfahrten durch. Die auf diese Weise ermittelten repräsentativen Zähldaten (5 Prozent der Fahrplanleistung) werden hochgerechnet. So ermitteln die LVB die Fahrgastzahlen für Leipzig.

Es geht um viel Geld
Zwingend benötigt werden die (Fahrgast-)Zahlen für das „Einnahmeaufteilungsverfahren“ im Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV). Davon hängt für die einzelnen Verkehrsunternehmen die Höhe des Einnahme-Anteils ab. Genutzt werden die Fahrgastzahlen und Fahrzeitanalysen außerdem durch Verkehrsplanung und Verkehrsorganisation, Vertrieb, Marktforschung und das Controlling. Angaben wie Fahrzeiten, Fahrdauer, Standzeiten an Haltestellen, Ein- und Aussteiger pro Haltestelle und, und, und fließen also in Entscheidungen zu Fahrplänen oder den Ausbau von Haltestellen ein. Für einen reibungslosen Ablauf und die Auswertung ist Diplom-Ingenieurin Sabine Zimmer zuständig. „Das System ist mit vielen Angaben gefüttert – beispielsweise zu Umleitungen, Feiertagen oder Großveranstaltungen. Technische Störungen müssen sofort beseitigt werden.“
Schlussfolgerungen aus dem Zahlenmaterial sind ohnehin nicht Sache der Computer. Abrufbar ist letztendlich so gut wie jede Information. Hier einige Beispiele: Im Jahr 2016 lag beim Beförderungsaufkommen die Straßenbahnlinie 15 vor der 7 und der 11 – die 3 auf Platz vier hatte den größten Zuwachs. Die Endstelle mit der größten Einsteigerzahl war „Rathaus Wahren“.
Im ersten Quartal 2016 war bei den Haltestellen der Hauptbahnhof mit 51.000 Einstiegen pro Tag von Montag bis Freitag die wichtigste Haltestelle. Der Lindenauer Markt nahm da beispielsweise Rang fünf ein, das Connewitzer Kreuz Platz sieben mit 7.500 Einstiegen täglich. Ein bisschen Nostalgie auf der Datenautobahn ist erlaubt: Per Hand wird auf der Linie 162 von der Huttenstraße nach Lausen gezählt. Dort ist ein Taxiunternehmen für fünf Fahrten am Nachmittag im Auftrag der Verkehrsbetriebe unterwegs. Da erfüllt die gute alte Strichliste immer noch ihren Zweck.
Dieser Beitrag erschien im Bürgermagazin Leipziger Leben, 02/2017. Das Magazin können Sie hier nachlesen.