Wandler zwischen den Welten
Seine praktischen Erfahrungen sind für Christopher Szymula im Studium Gold wert. Abstrakte Konzepte, mathematische Modelle von Verkehrsprozessen, Studien – der Leipziger wandelt ohne Schranken zwischen Theorie und Praxis. Wie effizient sind Geschwindigkeitserhöhungen auf unabhängigen Bahnkörpern? Welchen Einfluss hat es auf den Verkehrsfluss, wenn die Straßenbahn nur nach Bedarf hält? Verkraftet eine Straßenbahn im Akku-Betrieb Halte und Störungen? Welche Effekte haben überlange Straßenbahnen im Einsatz bei Großevents? „Um für diese und viele Fragen mehr Vorhersagen zu treffen, helfen mir mathematische Modelle, Programmierkenntnisse, aber auch meine praktischen Fähigkeiten“, sagt Christopher Szymula. Seine Diplomarbeit hat sich mit der Frage beschäftigt, ob man mit Künstlicher Intelligenz Verspätungen im Störungsfall voraussagen kann. In seiner Doktorarbeit untersucht er nun, wie Kapazitäten in Eisenbahnnetzen analysiert und erhöht werden können.
Alle Mühe und alles Streben dreht sich bei Christopher Szymula um den Verkehr und um die Netze von morgen, um die Zukunft. „Forschen zu können und gleichzeitig Lösungen für drängende aktuelle Fragen und Probleme zu finden – das erfüllt und motiviert mich sehr.“ Zu verdanken hat er diese „Fügung“, wie es Christopher Szymula nennt, Professor Karl Nachtigall von der TU Dresden und Sven Schöne, Leiter der Verkehrswegeplanung bei den LVB. Beide Führungskräfte sind Christopher Szymulas ungewöhnlicher Bitte nachgekommen, seine Arbeitswoche in drei Tage Forschung in Dresden und zwei Tage Projektarbeit in Leipzig teilen zu dürfen. „Beide haben mein Potenzial und die Chance, die in so einem Arbeitsmodell steckt, erkannt. Ihr Vertrauen und der Rückhalt des gesamten Verkehrstechnologie-Teams der LVB bedeuten mir sehr viel. Ich bin mir bewusst, wie privilegiert ich bin und tue deshalb auch alles für gute Ergebnisse.“ Für seine Leistungen an der Verkehrswissenschaftlichen Fakultät der TU Dresden ist Christopher Szymula in diesem Jahr mit der Lohrmann-Medaille ausgezeichnet worden. Sie wird jedes Jahr an den besten Absolventen einer Fakultät vergeben und erinnert an den ersten Rektor der TU Dresden, Wilhelm Gotthelf Lohrmann (1796-1840). Er hat die Topographie der Mondoberfläche sowie das Planetensystem der Sonne erforscht.
Schranken überwinden
Christopher Szymula bleibt lieber mit den Füßen auf der Erde. Der Swingtänzer, der sich ehrenamtlich für die Gewerkschaft Verdi und die politische Bildung stark macht, sieht die Bewegung der neuen Arbeitswelt – hin zu mehr Teilhabe, Selbstbestimmung, Chancengleichheit und Diversität – mit Wohlwollen. „Gedankenschranken bringen uns nicht weiter. So verschieden wie Menschen sind, so verschieden sind ihre Potenziale, Bedürfnisse und Leistungsgrenzen. Ich wünsche mir mehr Mut und Pragmatismus, wenn es darum geht, Talente zu fördern, Arbeitszeitmodelle zu überdenken, Barrieren abzubauen.“