Vom Fahrgast zur Fahrerin
Annegret Höppner hatte einen Kindheitstraum: Busfahrerin sein. Nun ist er wahr geworden. Seit dem Frühsommer 2017 fährt Annegret Höppner in ihrer blauen Dienstkleidung am liebsten mit dem Fahrrad zur Arbeit. Dort angekommen, steigt die 47-jährige Leipzigerin hinters Lenkrad eines Busses und tritt ihren Dienst im städtischen Nahverkehr an.
„Das war schon immer mein Traum“, sagt die gebürtige Görlitzerin, die auf dem Lande aufwuchs. Als Kind saß sie jeden Morgen in einem alten rundlichen Bus, um sich zur Schule in die nahe gelegene Stadt chauffieren zu lassen. „Ich durfte vorne sitzen und fand das cool“, erinnert sie sich schmunzelnd. Heute sitzt sie in der ersten Reihe und freut sich jeden Tag auf Begegnungen mit Fahrgästen oder abwechslungsreiche Strecken übers Land.
„Das ist ebenfalls cool.“ Als Dorfkind war Annegret schon früh motorisiert: Zuerst saß sie auf einem grünen Moped S 51, später bestieg sie ein Motorrad MZ ETZ 250 und machte den LKW-Führerschein. Mit dem Papier konnte sie natürlich auch den Wartburg der Eltern fahren. Ihr Vater spielte für die ersten 1.000 Kilometer den Fahrtrainer, erst dann durfte sie allein das Auto steuern. Das Faible für Technik prägte auch die berufliche Laufbahn von Annegret Höppner: Nach dem Abitur absolvierte die junge Frau im Tagebau ein Praktikum – umgeben von den großen Maschinen fühlte sie sich wohl. Später ging sie zum Studium an die TU Bergakademie Freiberg. Dort beschäftigte sie sich viereinhalb Jahre mit dem Markscheidewesen, einem Fachgebiet der Geowissenschaften. Einen Abschluss hat sie damals sausen lassen – heute bereut sie das. Nach einer Umschulung zur Bauzeichnerin und einem Job an einer Technik-Hotline arbeitete sie in einem Datenarchiv in Taucha.

Annegret Höppner kennt den Liniennetzplan wie ihre Westentasche. Fahrgäste berät sie gerne zur besten Verbindung.
Den Traum, große Maschinen zu steuern, träumte Höppner weiter. Traumjob durch Quereinstieg Seit sieben Jahren wohnt Annegret Höppner nun an der Pleiße. Hier lebt sie autofrei – sie nutzt das gut ausgebaute Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, ist zu Fuß oder mit dem Fahrrad Busfahrerin unterwegs. Irgendwann vor einem Jahr stach ihr bei einer Busfahrt eine Anzeige ins Auge: Wollen Sie diesen Bus selbst mal fahren – wir suchen Quereinsteiger und übernehmen die Ausbildung.

Vorraussetzungen für den Beruf als Busfahrer: Mindestalter 21 Jahre, ein Hauptschulabschluss und ein PKW-Führerschein der Klasse B – das sind drei der Voraussetzungen für einen Platz hinter dem Bus-Lenkrad. Nach einer mehrmonatigen Ausbildung zum Erwerb des BusFührerscheins Klasse D winkt ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit tariflicher Vergütung bei der LeoBus GmbH, einem Unternehmen der Leipziger Verkehrsbetriebe. Weitere Informationen gibt es unter www.L.de/karriere.
„Da wusste ich sofort, das ist meine Chance. Das Auswahlverfahren lief sehr gut, ich bestand alle Tests und am 3. Januar 2017 begann ich mit der Fahrschule für meinen Traumjob.“ Im acht Wochen dauernden Fahrtraining fuhr sie gemeinsam mit einem routinierten Busfahrer die mehr als 30 Linien ab, prägte sich die Besonderheiten der Haltestellen ein. Seit Juni ist die Mutter zweier erwachsener Kinder im Linienbetrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe tätig – und hat ihre Entscheidung noch keinen Tag bereut. „Ich bin richtig stolz auf mich“, sagt sie und strahlt wie ein Glückskind. Mit Know-how und Umsicht Gute Vorbereitung auf den Dienst sei das A und O, so Höppner.
Bevor die Schicht beginnt, liest sie im Intranet wichtige Fahrdienstanweisungen über mögliche Umleitungen oder Haltestellenverlegungen. „Manche Kollegen fahren neue Linien sogar mit ihrem privaten Auto ab“, erzählt sie. Vor allem auf den Überlandtouren nach Markranstädt oder zum Cospudener See bedanken sich die Leute bei der adretten Busfahrerin, weil sie die Haltestellen besonders gefühlvoll angefahren oder gewartet hat. Manchmal kommt es auch vor, dass sie von den Gästen erkannt wird – „Das ist echte Motivation.“