Zwei neue Solarparks für Sachsen: So fangen die Leipziger Stadtwerke die Sonne ein

von Simone Liss | 10.12.2021

Der Weg zu Marcel Werner führt über Stock und Stein – vorbei an Fischteichen, Dreiseitenhöfen und Feldrainen. Die Baugrundstücke des Leipziger Projektmanagers liegen jwd : janz weit draußen, wie man gemeinhin sagt.

Marcel Werner steht inmitten einer großen Photovoltaikanlage.
Marcel Werner steht vor einer Photovoltaikanlage und lächelt in die Kamera. Er trägt eine neongelbe Jacke.

Projektmanager Marcel Werner.

Konkret: im Landkreis Meißen, in den Gemeinden Schönfeld und Priestewitz. Dort bauen die Leipziger Stadtwerke gerade Solarparks. Werner ist so etwas wie der „Mister Solarenergie“ des kommunalen Energieversorgers. Der 38 Jahre alte ausgebildete Großhandelskaufmann glaubt an die Kraft von Wind und Sonne und treibt mit all seiner Kraft die Energiewende in Sachsen voran. „Ich halte unter anderem Ausschau nach geeigneten Flächen, Kooperationspartnern, spreche mit Gemeinderäten und verhandle mit den Grundstückseigentümern – meist Bauern“, sagt Werner. Seine Geduld ist dabei groß. Mehrere Jahre dauern Projekte wie in Schönfeld oder Priestewitz. „Wir brauchen zwei bis drei Jahre, bis wir tatsächlich bauen können. Von der Flächenanalyse, über die Machbarkeitsstudie sowie Zustimmung der Gemeinden und Pächter bis zum Bebauungsplan dauert es. Auch die Baugenehmigung braucht ihre Zeit – bis zu einem halben Jahr.“

Grüner Strom für rund 5000 Haushalte

Marcel Werner steht inmitten einer großen Photovoltaikanlage.

Blick über den Solarpark in Schönfeld.

Insgesamt 44.700 Photovoltaik-Module verbauen die Leipziger Stadtwerke im Landkreis Meißen – in der Gemeinde Schönfeld entlang der Autobahn 13 und in der Gemeinde Priestewitz entlang der Bahnstrecke Leipzig-Dresden. Weit abseits von bebautem Gebiet: „Der Gesetzgeber gibt das vor. Prämisse ist, bereits zerschnittene Gebiete zu bebauen.  Eine Autobahn oder eine Bahnlinie trennen per se landwirtschaftliche Nutzflächen. Deshalb docken wir uns an diese Flächen an“, erklärt Werner. Weil in Leipzig die Flächen für Wind- und Solarparks fehlen, sind die Leipziger Stadtwerke gezwungen, in der Region in erneuerbare Energien zu investieren. Werner bedauert das. Doch Regionalpläne sind rigide und nicht verhandelbar.

Marcel Werner steht an einem Wechselrichter und lächelt in die Kamera.

Hier wird aus Gleichstrom Wechselstrom: Marcel Werner an einem Wechselrichter.

Die Fläche, die in Schönfeld mit 8280 Photovoltaik-Modulen bestückt worden ist, ist 2,8 Hektar groß. Die festaufgeständerte Photovoltaikanlage mit 13 Wechselrichtern (sie machen aus Gleichstrom Wechselstrom) hat eine Leistung von 3,1 Megawatt-Peak (MWp)*. Die jährliche Energieproduktion beträgt rund 3.200.000 kWh – ausreichend, um mehr als 900 Haushalte (bei durchschnittlich 3.500KWh/Haushalt) mit grüner Energie zu versorgen. Der Solarpark soll im Januar 2022 ans Netz gehen. Die Langlebigkeit einer solchen Anlage ist bemerkenswert: „Wir gehen von einer Betriebsdauer bis zu 30 Jahre aus“, so Werner.

Strom wird direkt verkauft

Das Besondere der Photovoltaikanlage in Schönfeld: Der Strom, der mit dieser Photovoltaikanlage erzeugt wird, wird teilweise direkt verkauft. „Die Leipziger Stadtwerke haben einen entsprechenden langfristigen Stromliefervertrag abgeschlossen. Für den Kunden bedeutet die Direktvermarktung, dass das EEG-Umlagenkonto und damit die EEG-Umlage nicht belastet wird, entgegen einer klassischen EEG-geförderten Anlage“, sagt Marcel Werner.

Mittlerweile sind die Leipziger Stadtwerke in der Lage, mehr als drei Viertel des Jahresstromverbrauchs der Leipziger Privat- und Geschäftskunden aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. „Energiegewinnung aus Sonnenkraft, aber auch aus Wind und Biomasse sind Teil unseres großen Portfolios, um eine nachhaltige und umweltfreundliche Energie-Zukunft für Leipzig und die Region zu gestalten“, sagt Werner.

Millioneninvestition im Landkreis Meißen

Aus der Vogelperspektive sieht man Felder bei Priestewitz.

An der Bahnstrecke Leipzig-Dresden bei Priestewitz entsteht ein neuer Solarpark der Leipziger Stadtwerke.

Das Ende der Investitionen in erneuerbare Energien ist für die Leipziger Stadtwerke noch lange nicht erreicht. „Wir haben gerade für ein weiteres PV-Projekt die Baugenehmigung in der Gemeinde Priestewitz erhalten. Im Herbst 2020 erteilte die Bundesnetzagentur für dieses Projekt bereits einen Zuschlag im Rahmen der EEG Innovationsausschreibung. Mit dem Bau haben wir bereits begonnen – ein Großteil der Ständer für die 36.420 Module steht. Im März 2022 soll die Anlage ans Netz gehen“, sagt Werner. Dieses Projekt wird mit einer installierten Leistung von 13,65 MWp sowie einem Batteriespeicher mit einer Leistung von 3.780 Kilovoltampere (kVA) deutlich größer als die Photovoltaikanlage in der Gemeinde Schönfeld. Mit dem grünen Strom aus dieser Anlage können etwa 4000 Haushalte versorgt werden.  Werner: „Die Anlage kostet etwa 7,5 Millionen Euro. Die Leipziger Stadtwerke stemmen diese Summe nicht allein. In dieses Projekt fließen 20 Prozent Eigenkapital und 80 Prozent Fremdmittel.“

Aus Rapsbauern werden Energiebauern

Beim Ausbau der Photovoltaik müssen Konkurrenzen mit anderen Flächennutzungen wie Ackerflächen, Naturschutzflächen, Siedlungsflächen, Freizeit- und Erholungsflächen vermieden werden. Denn die verdrängten ursprünglichen Nutzungen führen in der Regel an anderer Stelle zu einer Intensivierung der Flächennutzung, so dass letztlich nicht nur direkt, sondern gegebenenfalls indirekt die Raumbedürfnisse der biologischen Vielfalt beeinträchtigt werden. Eine Herausforderung für „Mister Solarenergie“ und die Leipziger Stadtwerke. Immer wieder geraten Investitionen in erneuerbare Energie ins Fadenkreuz von Umwelt- und Naturschützern. Meist wird von ihnen die Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt ins Feld geführt. Eine Befürchtung, die Werner entkräftet: „Es gibt verschiedene Studien, die besagen, dass sich PV-Anlagen sehr positiv auf die Umwelt auswirken. Der Boden kann sich erholen, wird nicht mehr gedüngt und kommt seiner natürlichen Bestimmung nach. Das merken auch die Tiere. Wir hatten Solarparks, in den sich ganze Rehfamilien bis zu 30 Tieren niedergelassen haben. Der Vorteil für die Tiere: Sie sind geschützt vor der Außenwelt, im Sommer sind sie unter den Modulen vor der Sonneneinstrahlung geschützt, im Winter halten sie sich an den Wechselrichtern auf – dort ist es wärmer als auf dem freien Feld.“

Aus der Vogelperspektive sieht man einen Solarpark bei Schönefeld.

Eine Luftaufnahme des Solarparks in Schönfeld.

Die Entwicklung, so Werner, sei nicht aufzuhalten. Die Bundesregierung hat mit dem Klimaschutzprogramm 2030 die Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien auf einen Anteil von 65 Prozent am Stromverbrauch in 2030 beschlossen. Der weitere Ausbau der Solarenergie stellt dafür eine tragende Säule dar: Nach der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die zu Beginn des Jahres 2021 in Kraft getreten ist, sollen im Jahr 2030 genau 200 Gigawatt installierte Leistung von Solaranlagen erreicht sein. In Deutschland trugen im Jahr 2021 Photovoltaikanlagen mit 54 Gigawattstunden (GW/h) etwa zu 25 Prozent der Bruttostromerzeugung bei. Ein Grund mehr für die Leipziger Stadtwerke, weiter in den Ausbau von Photovoltaikanlagen zu investieren. „Wir planen 2022 zwei neue Solarparks in Kleinschirma und Großschirma bei Freiberg. Beide sollen zusammen rund 20 MWp grünen Strom liefern“, sagt der Stadtwerke-Experte. „Die Aussichten dafür sind gut.“

* Megawatt-Peak (MWp) ist ein besonderes Maß, das ausschließlich zur Messung der Leistung von Photovoltaik-Anlagen verwendet wird. Normalerweise wird elektrische Leistung in Watt gemessen, 1 Megawatt ergeben hierbei 1000 Kilowatt. Der Zusatz “peak” dient im Photovoltaik-Bereich der Vergleichbarkeit der Leistung verschiedener Module. Ein PV-Modul erbringt nämlich bei unterschiedlichen Bedingungen, etwa bei verschiedenen Außentemperaturen, eine andere Leistung.

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