Photovoltaik-Anlagen auf Industriedächern: Hier gibt’s was obendrauf

von Simone Liss | 15.05.2023

Strom aus Wind, Biomasse, Photovoltaik: Die erneuerbaren Energien sind im Aufwind. Sie haben im ersten Quartal dieses Jahres wie bereits im Vorjahresquartal rund 50 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland gedeckt.

Eine PV Anlage

Insgesamt wurden rund 138 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht. Dies zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Zweitgrößter Stromlieferant nach Windenergieanlagen an Land war Biomasse vor Photovoltaik, Seewind und Wasserkraft.

Doch die Stromgewinnung aus PV-Anlagen soll perspektivisch einen vorderen Platz belegen. Deutschland will mit seinem selbst gesteckten Ausbauziel im Jahr 2030 auf 215 Gigawatt an installierter Solarleistung kommen, bis 2040 sollen es 400 Gigawatt sein. Im Januar 2023 kam Deutschland auf rund 68 Gigawatt. Im November 2022 waren rund 2,5 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von fast 64 Gigawatt auf Dächern und Grundstücken von Haushalten und Unternehmen in Deutschland installiert. Das waren 14 Prozent mehr als 2021, während die installierte Modulleistung um 13 Prozent zulegte.

Ein Portrait von Martin Faßhauer

Martin Faßhauer

Diese Entwicklung treiben die Leipziger Stadtwerke mit voran. „Wir haben aktuell in ganz Mitteldeutschland mehr als 500 Megawatt erneuerbare-Energien-Anlagen zur Stromerzeugung in Planungs- und Genehmigungsverfahren – darunter in Leipzig-Holzhausen, Zahna-Elster, Heiligengrabe und Königshain-Wiederau. Diese Gesamt-Leistung entspricht dem Vierfachen der Leistung des Heizkraftwerks Leipzig Süd, das mit 125 MW elektrische Leistung aufwartet“, sagt Martin Faßhauer, Abteilungsleiter Erneuerbare Energien bei den Leipziger Stadtwerken.

Eigenverbrauch vor Einspeisung

Ein großes Industrieunternehmen, das progressiv in Bezug auf die eigene Energieversorgung mithilfe erneuerbarer Energien ist, ist der Verpackungsspezialist SIG Combibloc GmbH. Das Unternehmen hat am 12. Mai am SIG-Produktionsstandort in Linnich (Nordrhein-Westfalen) die Fertigstellung einer 10,25 Megawatt Peak (MWp)-Anlage gefeiert. Die riesige Freiflächen-Anlage mit 20.600 PV-Modulen entspricht der Größe von elf Fußballfeldern. Weitere 1.700 Module bedecken das Dach des Werks und maximieren so das Potenzial für Solarenergie am Standort. Als Eigentümer und Betreiber der Linnicher Photovoltaikanlage geben die Leipziger Stadtwerke den erzeugten Solarstrom über einen langfristigen Stromabnahmevertrag direkt an SIG weiter. Der Strom fließt unmittelbar in die Produktion der SIG-Kartonpackungen am Standort Linnich.

Dr. Maik Piehler lacht in die Kamera.

Dr. Maik Piehler

Bereits am SIG-Standort Wittenberg (Sachsen-Anhalt) ist im März eine 9,2 MWp-Anlage durch die Leipziger Stadtwerke in Betrieb genommen worden. „Als Leipziger Stadtwerke treiben wir den Ausbau erneuerbarer Energien voran. Dies realisieren wir auch mit Partnern außerhalb Leipzigs. Die Solaranlage im SIG-Werk Linnich ist ein weiterer Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Energiesysteme in Deutschland“, so Dr. Maik Piehler, Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke. „Wir freuen uns, dazu einen wichtigen Beitrag liefern zu können. Das Projekt zählt in Deutschland zu den größten Photovoltaik-Eigenversorgungsanlagen mit Direktanschluss, die ohne Nutzung des öffentlichen Netzes und ohne Subventionen auf Industrieflächen betrieben werden.“

SIG hat bereits 2021 die Solarkapazität vor Ort an den Produktionsstandorten auf 11,3 MWp verdoppelt und diese Kapazität in 2023 mit den fertiggestellten Anlagen in Wittenberg und Linnich verdreifacht. Weitere Solaranlagen sind in der Schweiz und Mexiko im Bau und in Saudi-Arabien in der Planung. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien für die Produktion von SIG-Kartonpackungen konnten bereits über eine halbe Million Tonnen CO2-Äquivalente vermieden werden – und die Einsparungen werden weiter steigen. Allein die neue Solaranlage in Linnich wird genug Strom aus erneuerbarer Energie erzeugen, um mehr als 3.150 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr einzusparen.

Industriedächer mit einer Fläche ab 1.000 Quadratmeter sind ideal für PV Anlagen

Ein Portraitbild von Manuel Clauß. Er lächelt in die Kamera.

Manuel Clauß

„Gewerbetreibende und Industrieunternehmen, die mindestens 100.000 Kilowattstunden Strom im Jahr verbrauchen und über Dachflächen von mindestens 1.000 Quadratmetern Größe verfügen, haben ideale Voraussetzungen für Solaranlagen“, sagt Manuel Clauß, Vertriebsmanager Energiedienstleistungen bei den Leipziger Stadtwerken. Vorausgesetzt, die baurechtlichen Anforderungen bezüglich Sicherheit, Statik, Brandschutz sowie Wärme- und Schallschutz sind gewährleistet.

Interessant: Über das Wohl und Wehe von Solaranlagen entscheidet heute nicht mehr ausschließlich deren Lage und Ausrichtung. „In den Innovations- und Transformationskonzepten für unsere Partner betrachten wir sowohl Fassaden-PV, Floating-PV, Agri-PV, aber darüber hinaus auch den Einsatz von Carportlösungen und Leichtbaulösungen wie organischer PV-Folie. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir ein maßgeschneidertes Konzept, das den Standortbedingungen gerecht wird. Wir gehen die Lösungssuche technologieoffen und Hersteller-unabhängig an“, sagt Manuel Clauß.

Die meisten seiner Kunden entscheiden sich für eine langfristige Kooperation mit den Leipziger Stadtwerken und sichern sich über die Dauer von 20 Jahren einen stabilen, verlässlichen Strompreis. Wie das funktioniert? Die Leipziger Stadtwerke planen, errichten und betreiben die PV-Anlage auf ihre Kosten. Sie sind der Stromproduzent. Der vereinbarte Strommenge wird mittels eines speziellen Stromliefervertrags (Power-Purchase-Agreement, kurz PPA) direkt an den Stromabnehmer zu einem vorab vereinbarten Preis geliefert. Überschüsse werden ins öffentliche Netz ausgespeist und direkt vermarktet. Das bedeutet: minimales Risiko und maximaler Ertrag für die Kunden. Sie machen sich unabhängig von der Entwicklung der Strompreise auf dem freien Markt, steigern ihre Wettbewerbsfähigkeit, Ökobilanz, Kreditwürdigkeit sowie ihr Image.

CO2-Emissionen senken, Image steigern

Die Leipziger Stadtwerke bieten Gewerbe- und Industriekunden verschiedene individuelle Energielösungen und Vertragsmodelle, um in die Ökostrom-Produktion einzusteigen. Neben SIG haben unter anderem bereits die Schaubühne Lindenfels Leipzig, die AMZ Weissenseer Präzisionsguss GmbH Berlin sowie die Faiveley Transport Leipzig GmbH verschiedenste Energielösungen der Stadtwerke genutzt. „Mit den Photovoltaik-Anlagen auf unserem Firmengelände haben wir eine echte Alternative zur herkömmlichen Energieversorgung gefunden. Damit sparen wir nicht nur mehrere hundert Tonnen CO2 im Jahr ein, sondern haben auch unsere Stromkosten deutlich gesenkt“, sagt Dr. Pino Cordini, Geschäftsführer der Faiveley Transport Leipzig GmbH. Thomas Nielsen, Geschäftsführer der AMZ Weissenseer Präzisionsguss GmbH, bilanziert es ähnlich: „Dauerhaft Stromkosten sparen, nachhaltig umweltbewusst handeln und zugleich alle gesetzlichen Vorgaben erfüllen: Mit der neuen Photovoltaik-Anlage haben wir unsere Ziele erreicht.“

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